(Dieser Text ist ein Auszug aus dem Tagebuch der offenen Beziehung und beschreibt die Entwicklung zwischen dem 20. und 26. Oktober 2022 aus seiner Sicht.)
Der Abend des 20. Oktober soll für sie das Schicksalsdate bringen. Sie trifft an diesem Abend ihren nach astrologischen Recherchen und Berechnungen Top-Partner. Auch ich habe an dem Abend ein Date, das jedoch schon morgens abgesagt wird. Mein regelwidriger Versuch, ein Ersatzdate zu vereinbaren, schlägt auch fehl. Ich sitze also wieder einmal Zuhause, während sie den erwarteten Traummann trifft. Doch es kommt anders. Er scheint nicht. Das ist nun das dritte Mal, dass er einfach nicht erscheint. Natürlich ist sie deswegen sauer und verärgert. Schickt mir dann eine Nachricht, mit der sie mich für ein Date einladen möchte. Sie formuliert das aber so unglücklich, dass ich verstehe, dass ich mir ein Date ausmachen soll und sie zu ihrem Lover fahren würde. Am Vortag hatte sie noch gesagt, dass sie – wenn ihr Dream-Date nicht klappen würde, noch ins Fitness-Studio wolle.
Ein Mißverständnis mit unserem Date. Schon wieder. Das zeigt aber auch, dass wir beide an einem Punkt angekommen sind, wo wir Handlungen des jeweils anderen antizipieren, die diese/r vielleicht dann doch nicht vor hat. Für mich klang es tatsächlich so, dass sie jetzt zu ihrem Lover weiterfahren wollte und ich mir auf die schnelle ein anderes Date organisieren sollte.
Sie kommt nachhause. Wir diskutieren, es wird schon wieder aggressiv und emotional. Sie bemerkt, dass ich ein Ersatzdate ausmachen wollte und zieht sich an diesem Regelverstoß auf. Ihr Vertrauen in mich sei jetzt auf dem Nullpunkt, etc. Ich sage, dass das nur ein Versuch ist, den Ball wieder in meinen Garten zu werfen und von den eigenen Verfehlungen abzulenken. Ich sage auch, dass ich es nicht ermutigend finde, wenn Sie ihr Date so hochstilisiert. Später lese ich in ihrem Chat mit dem „Traum-Mann“, dass sie diesem Hoffnung auf Sex beim ersten Date gemacht hat. Etwas, was sie bisher kategorisch ausgeschlossen hatte. Und wenn ich dann das Ersatzdate sein soll, dann ist das schon etwas wie der Trostpreis, oder?
Auch am Freitag geht es mit heftigen Diskussionen weiter. Wir treffen uns zum Spaziergang. Zu der Zeit, die ihr genehm ist. Während sie auf mich wartet, weil sie früher Feierabend hat, chattet sie. Wir gehen spazieren und wieder wird es aggressiv von ihrer Seite aus. Sie ist einfach in Diskutier-Laune und steigert sich da wieder rein. Wirft mir vor, mich verliebt zu haben. Ich sage, dass ich zu solchen Gesprächen keine Lust mehr habe. Ich habe den Eindruch, dass sie Streit regelrecht provoziert – nur um sich dann zu sagen, dass es mit ihrem Lover doch viel besser ist. Es bringt einfach nichts. Gegenseitige Schuldzuweisungen immer zu wiederholen, entfernt uns nur nochmehr voneinander. Es wird aber sehr deutlich, dass sie noch immer extrem eifersüchtig auf „meine“ Krankenschwester ist. Ich dagegen habe mich mit „ihrem“ Leistungssportler abgefunden. Sie kann das nicht. Eröffnet mir an diesem Abend, dass sie am Tag nach ihrem Geburtstag am kommenden Dienstag, also am Mittwoch, mit ihrem Lover zum Fitness geht. Ich schreibe nach der Rückkehr meiner Loverin, dass wir am Mittwoch unser nächstes Date haben können. Das wiederum regt meine Partnerin schon wieder auf.
Den Samstag verbringen wir harmonisch. Ich bin morgens beim Fitness, danach machen wir einen Ausflug, laufen eine ganze Strecke an der Weser. Dort wird mir eröffnet, dass sie darüber nachdenkt, auch den Tag vor ihrem Geburtstag, also am Montag, zu ihrem Lover zu fahren (Sie muss das wegen unserer Regeln zwei Tage vorher anmelden). Nach etwas Verarbeitung sage ich ihr ganz ruhig und ohne Vorwurfston, dass ich das nicht gut finde und dass sie dadurch ihren Geburtstag zur Farce machen würde. Ich hätte von mir aus kein Date um ihren Geburtstag herum gelegt. Sie versteht meinen Punkt und sagt, dass sie ja nur etwas Abstand von der Situation brauche. Ich entgegne, dass es ja kein Abstand sei, wenn sie zu ihrem Lover fahren würde, denn dieser sei doch Teil der „Situation“. Wenn sie dagegen von mir noch mehr Abstand wolle, dann sei das etwas anderes.
Wir entscheiden, in ihrer Geburtstagswoche nicht zu daten. Das bedeutet, dass wir beide unsere Mittwochs-Dates absagen müssen und auch keine Ersatz-Dates angeboten werden können. Bei mir führt das zu Komplikationen. Meine Krankenschwester kommt damit nicht zurecht und macht erstmal für jeden Tag der Woche ein Date aus. Im Gespräch mit ihr wird deutlich, wie enttäuscht sie ist. Aber auch, dass sie sich eigentlich schon anderweitig festgelegt hat. Dieser Mann weiß nichts von ihrem Datingverhalten und glaubt tatsächlich, der einzige zu sein. Ob sie ihm das jemals erzählen wird? In den Folgetagen versucht sie mehrfach, mich zu spontanen Treffen, auch tagsüber, zu überreden und empfindet meine Absage dazu als Zurücksetzung. Sie schreibt mir mehrfach, dass sie mich lieb hat. Der andere Mann profitiert davon, wird zur neuen Nummer 1. Ob wir uns wiedersehen werden, ist unklar.
Meine Partnerin und ich sprechen auch darüber, dass sie den Eindruck habe, ich wäre bei der Planung des verlängerten Wochenenendes Ende Oktober nicht mit vollem Elan dabei. Ich erkläre, dass ich zwei Hotels angefragt und von einem eine Absage und von dem anderen noch nichts gehört habe. Es seien aber noch andere Optionen in der Planung. Ich frage, ob sie das Wochenende lieber bei ihrem Lover verbringen wolle. Nein, das wäre nicht so, auch wenn er sie eingeladen habe. Sie fragt mich, ob ich das Wochenende mit meiner Krankenschwester verbringen wolle. Da das Wochenende ein „Erlebnisgeschenk“ zum Geburtstag sein soll, bitte ich sie darum, erst am Geburtstag zu entscheiden, ob ich etwas Gutes gefunden hätte.
Am Montag treffen wir uns nun in meinem Fitness-Center und trainieren da gemeinsam. Der Abend verläuft harmonisch.
Der Geburtstag am Dienstag wird von mir so vorbereitet, wie wir es immer gemacht haben. Eine kleine Änderung nehme ich vor, nach ihrer Ankunft von der Arbeit erst mal ins Bett… Dabei fällt mir auf, dass sie nicht das volle Programm möchte. Möglicherweise bin ich zu misstrauisch, aber warum nicht? Hat sie vielleicht doch ihren Lover getroffen? Würde ich das überhaupt erfahren? Wie offen ist sie wirklich?
Ich verzichte darauf, es anzusprechen und mache mich ans Kochen. Der weitere Abend verläuft schön, einzig nach dem Essen gibt es einen Moment, wo sie auf ihre Jahreszahl starrt und leise sagt: „Es fühlt sich merkwürdig an“. Was genau sie damit meint, bleibt offen. Danach gehen wir noch spazieren, bereits um 23 Uhr schläft sie ein.
(Dieser Text ist ein Auszug aus dem Tagebuch der offenen Beziehung und beschreibt die Entwicklung zwischen dem 20. und 26. Oktober 2022 aus seiner Sicht.)
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